Nach wie vor wird in kosmetischen Pflegeprodukten Mikroplastik eingesetzt, obwohl die umweltschädigenden Folgen hinlänglich bekannt sind. Winzige Plastikpartikel aus Peelings und anderen Hautpflegeprodukten gelangen über die Abwassersysteme ins Meer und schließlich in unsere Nahrungskette. In einem Forschungsprojekt hat das Fraunhofer-Institut für Mikrostruktur von Werkstoffen und Systemen IMWS gemeinsam mit den Partnern CFF GmbH & Co. KG und Skinomics GmbH Materialien getestet, die Mikroplastik in Kosmetikprodukten ersetzen können und biologisch abbaubar sind.

Mit dem jetzt abgeschlossenen Forschungsprojekt »KosLigCel« im Rahmen des Spitzenclusters BioEconomy leisteten die Partner um das Fraunhofer IMWS einen wertvollen Beitrag zum Ersatz von Mikroplastikpartikeln. In dem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Projekt wurden gemeinsam mit der CFF GmbH, einem Zellstoffverarbeiter aus Gehren in Thüringen, sowie der Skinomics GmbH aus Halle (Saale), die hauptsächlich für galenische und dermatologische Untersuchung der Produkte zuständig ist, erfolgreich Alternativen aus biologisch abbaubaren Materialien entwickelt und getestet.

Cellulose als Smart Biomaterial erforscht

Das Ziel war eine kostengünstige Herstellung biologisch abbaubarer Cellulosepartikel aus Buchenholz, Hafer, Weizen und Mais, die die Anforderungen an Abrasivität und Reinigungsleistung in Zahn- und Hautpflege-Produkten erfüllen. Konkret wurden Alternativen für Körperpeelings und Zahncremes getestet. Die besondere Herausforderung lag darin, die Cellulosepartikel so zu designen, dass ihre Größe, Form, Härte sowie Oberflächenstruktur zu den gewünschten Produkteigenschaften führt. Dazu wurde Cellulose aus Buchenholz speziell modifiziert und der Optimierungsprozess durch Mikrostrukturanalytik am Fraunhofer IMWS begleitet.

»Wir haben nach zweijähriger Forschungsarbeit mit den Projektpartnern sehr gute Ergebnisse erzielt: eine Testzahnpasta mit den optimierten Buchenholz-Cellulosepartikeln zeichnet sich durch eine geringe Abrasionswirkung, aber dennoch gute Reinigungsleistung aus«, sagt Dr. Sandra Sarembe, Projektkoordinatorin am Fraunhofer IMWS. Die biologisch abbaubaren Partikel in der Zahnpasta dienen der mechanischen Entfernung von bakterieller Plaque, Zahnverfärbungen und Essensrückständen, dabei dürfen sie den Zahnschmelz allerdings nicht beschädigen. »Bei der Materialcharakterisierung mehrerer Cellulose-Typen haben wir durchweg positive Daten erhoben. Dies gilt auch für den Einsatz dieser Stoffe in Waschpeelings und anderen Hautkosmetika«, sagt Sarembe weiter. Das Forscherteam konnte materialwissenschaftlich bestätigen, dass Cellulose-Partikel in Kosmetikprodukten als Ersatz für Polyethylen vergleichbare Wirkung zeigen. Zudem sind sie im Wasser biologisch abbaubar und können kostengünstig hergestellt werden. Auch als Füllstoff in Aluminium-freien Deodorants kommen die Cellulose-Partikel infrage.

»Die Nutzung von Cellulose als biobasierte Füllstoffe könnte auch in weiteren Einsatzfeldern wie in medizinischen Produkten möglich sein. Außerdem sind verschiedene Cellulose-Typen mischbar, die einen breiten Einsatz versprechen. Daher weisen die Partikel ein hohes Potenzial für neue Produktentwicklungen sowie attraktive Marketingmöglichkeiten für nachhaltige oder sogar vegane Produkte auf«, sagt Dr. Andreas Kiesow, Projektleiter am Fraunhofer IMWS. Die gewonnen Ergebnisse können zukünftig auch für die Entwicklung in anderen Kosmetikbereichen wie etwa in der dekorativen Kosmetik für Mascara, Puder oder Lippenstift dienen.

Das BioEconomy Cluster stellt das Thema “Potentiale für die Bereitstellung von Rohstoffen für Smart-Biomaterials” am 15. März 2018 beim 11. Thüringer Biomaterial-Kolloquium vor. Mehr Informationen dazu finden Sie auch unter: http://www.thgot.de/veranstaltungsprofil/registrierte-poster/

Leistungszentrum Chemie- und Biosystemtechnik verlängert

Neben den genannten erfolgreichen Projektergebnissen, konnte das Fraunhofer IMWS einen weiteren Meilenstein erreichen. Das 2016 gegründete Leistungszentrum Chemie- und Biosystemtechnik wird bis mindestens 2021 weiter gefördert. Diese Entscheidung traf ein Gutachtergremium Anfang des Jahres, das die bisherigen Aktivitäten des Netzwerks in der mitteldeutschen Chemieregion bewertete. Für die Etablierung geschlossener Wertschöpfungsketten vom Rohstoff zum Produkt stellen das Land Sachsen-Anhalt, die Fraunhofer-Gesellschaft und die beteiligten Industriepartner dafür weitere 10 Millionen Euro pro Jahr bereit.

Beteiligt am Leistungszentrum Chemie- und Biosystemtechnik sind die Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU), die Universität Leipzig, die Hochschulen Anhalt, Merseburg und die HTWK Leipzig, das Fraunhofer-Zentrum für Chemisch-Biotechnologische Prozesse CBP Leuna, das Fraunhofer-Institut für Zelltherapie und Immunologie IZI Leipzig sowie dessen Außenstelle Molekulare Wirkstoffbiochemie und Therapieentwicklung MWT in Halle, das Fraunhofer-Pilotanlagenzentrum für Polymersynthese und -verarbeitung PAZ Schkopau, das Fraunhofer-Institut für Mikrostruktur von Werkstoffen und Systemen IMWS Halle sowie mehr als 60 Industrieunternehmen der Region. Ihr Ziel ist es, verfahrenstechnische Prozessketten der Kunststoff verarbeitenden, chemischen, biotechnologischen und biomedizinischen Industrie vom Rohstoff bis zum Produkt zu erweitern und zu optimieren.