
BioEconomy Newsletter Dezember
Liebe Leser,
die Transformation unserer Wirtschaft entscheidet sich auch an der Werkbank: dort, wo neue Technologien aus der Forschung in die Anwendung finden und skaliert werden. Genau das sehen wir derzeit an vielen Stellen.
Mit der Zustimmung des Bundesrats ist der Rechtsrahmen für CO₂-Abscheidung, Transport und Speicherung (CCS) gesetzt. Damit werden Investitionen planbar – von Sammel- und Pipelinenetzen bis zu Speicheroptionen. Parallel schließt eine neue Power-to-Liquid-Technologieplattform in Leuna die Lücke zwischen Labor und Praxis: Sie liefert strombasierten Flug- und Schiffskraftstoff in relevanten Größenordnungen und soll perspektivisch einen Pfad zur Dekarbonisierung schwer elektrifizierbarer Sektoren eröffnen. An der Rohstofffront entstehen neue, zirkuläre Pfade: Das Start-up Radical Dot entwickelt einen Prozess, der gemischte Kunststoffabfälle ohne aufwendige Sortierung in Carbonsäuren überführt – mit Energieüberschuss statt Mehrverbrauch. Auch schwer recyclebare Papierabfälle, wie Kaffeebecher, können nun dank eines neuen Verfahrens wieder in den Stoffkreislauf überführt werden.
Klar ist aber auch: Egal ob CCUS-Maßnahmen, E-Fuels oder neue Recyclingprozesse – neue Technologien entfalten nur dann Breitenwirkung, wenn Menschen sie entwickeln, betreiben und weiterdenken. Das IWH mahnt in unserer Top-News, Strukturwandelmittel stärker auf das Arbeitskräfteangebot zu fokussieren – von Bildung bis Zuwanderung. Genau hier setzen wir an: Der BioEconomy e. V. verfolgt gemeinsam mit der Bildungsakademie Leuna und der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg ein Projekt zur Fachkräftequalifizierung in der Bioökonomie. Unser Ziel: Qualifizierungspfade, die zu den neuen Technologien passen – damit aus guten Projekten belastbare Geschäftsmodelle werden und aus Transformation ein Standortvorteil für Mitteldeutschland.
In diesem Sinne: Viel Spaß beim Lesen wünscht
Ihr BioEconomy e.V.!
Top-News: IWH fordert: „Kohlemilliarden“ für Arbeitskräftesicherung nutzen
Das IWH – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle empfiehlt, die Strukturwandelmittel stärker auf die Sicherung des Arbeitskräfteangebots auszurichten. Hintergrund: Von den rund 41 Milliarden Euro für die Kohlereviere waren bis Ende 2024 erst 5,5 Prozent abgeflossen; etwa 60 Prozent sind zwar verplant, kurzfristige Effekte bleiben aber begrenzt.
In seinem Gutachten setzt das IWH folgende Prioritäten: Bildung entlang der gesamten Kette, bessere Erreichbarkeit von Arbeitsstätten, Erschließen ungenutzter Erwerbspersonenpotenziale und gezielte Fachkräftezuwanderung. So ließen sich Projekte schneller mit Personal verstärken – und der langfristige Nutzen der Investitionen heben. Weiterlesen
Aus unserem BioEconomy-Netzwerk:
Drei UFZ-Forschende unter „Highly Cited Researchers 2025“
Im Helmholtz Centre for Environmental Research (UFZ) sind gleich drei der weltweit meistzitierten Wissenschaftler beschäftigt: Prof. Jakob Zscheischler (Compound Environmental Risks), Dr. Tesfaye Wubet (Mikrobiom und Biodiversität) und Prof. Josef Settele (Naturschutzbiologie, IPBES) stehen auf der Liste der „Highly Cited Researchers“ des Zitationsdatenbanken-Anbieters Clarivate. Weiterlesen
Neuartige Anlage zur Wasserstoffgewinnung spart jährlich 16.000 Tonnen CO2
Die Griesemann Gruppe übernimmt Planung und Projektsteuerung für eine neue Anlage in der Bayernoil-Raffinerie Vohburg, die Wasserstoff aus einem flüssigen Trägermedium (LOHC) freisetzt. Auftraggeber ist Hydrogenious. Das Medium Benzyltoluol ermöglicht den Transport von Wasserstoff über eine bestehende Mineralöl-Infrastruktur; vor Ort wird der Wasserstoff wieder „entladen“ und nutzbar gemacht. Geplant sind bis zu 5 Tonnen erneuerbar zertifizierter Wasserstoff pro Tag und eine CO₂-Einsparung von bis zu 16.000 Tonnen pro Jahr. Die Vorplanung soll in der zweiten Jahreshälfte 2026 abgeschlossen sein und die Investitionsentscheidung vorbereiten; der kommerzielle Betrieb ist für Mitte 2028 vorgesehen. Weiterlesen
Roggen-Stresstest: Umweltbedingungen mischen Pflanzengene neu
Forschende der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und vom IPK Gatersleben zeigen, dass Roggen unter Stress – etwa Nährstoffmangel – seine Gene während der Zellteilung unterschiedlich stark rekombiniert. Züchtungsprogramme können auf Basis dieser Forschungsergebnisse gezielt auf stressresiliente, ertragssichere Sorten optimieren – ein Plus für Klimaanpassung und Ernährungssicherheit. Weiterlesen
Weltweit größte E-Fuels-Testanlage entsteht in Leuna
Das Deutsche Institut für Luft und Raumfahrt baut am Standort Leuna aktuell eine Forschungsanlage für die Technologieplattform Power-to-Liquid (TPP). Die vollintegrierte Anlage schließt die Lücke zwischen Labor und Praxis und gilt mit 2.000–3.000 Tonnen strombasiertem Kraftstoff – sogenanntem E-Fuel – pro Jahr als derzeit größte Forschungsanlage ihrer Art weltweit. Adressiert werden vor allem Anwendungen in Luft- und Schifffahrt. Der Bund unterstützte das Projekt jüngst mit weiteren 157 Millionen Euro – damit ist der Forschungs- und Testbetrieb 2028–2035 gesichert. Zuvor flossen bereits 5,48 Millionen Euro für die Planung und 130 Millionen Euro für den Bau der Anlage 2024 durch die Griesemann Gruppe. Weiterlesen
Aus der Welt der Bioökonomie:
Regierung beschließt Gesetz zur CO2-Speicherung
Die Bundesregierung hat eine Novelle für das Kohlendioxid-Speicherungsgesetz auf den Weg gebracht. Das Gesetz stuft CO₂-Speicher und Leitungen als „überragendes öffentliches Interesse“ ein, erlaubt industrielle Speicherung vorrangig offshore (mit Abständen zu Schutzgebieten) und enthält eine Länder-Öffnungsklausel für Onshore-Projekte. Der Bundesrat hat die Novelle gebilligt, der Weg für CO₂-Speicherung ist damit frei. Für Industriecluster bedeutet das: Planungen für Sammel- und Pipelinenetze können nun konkret starten. Weiterlesen
OECD-Bericht: Nachhaltigkeit gewinnt in Unternehmen weiter an Bedeutung
Laut Nachhaltigkeitsbericht der OECD veröffentlichen inzwischen 91 Prozent aller Aktiengesellschaften weltweit ihre Nachhaltigkeitsdaten, in Europa sind es 98 Prozent. Vorstände überwachen das Thema häufiger, ihre Vergütung wird häufiger an Nachhaltigkeitsziele gekoppelt und neben eigenen Emissionen rückt zunehmend die Lieferkette in den Blick. Externe Prüfungen nehmen zu, bleiben jedoch meist oberflächlich. Kurzum: Es gibt mehr Transparenz und Steuerung, bei Prüftiefe und Vergleichbarkeit besteht jedoch Nachholbedarf. Weiterlesen
Nachhaltige Batterien aus Holzabfällen
Das Fraunhofer IKTS und die Universität Jena entwickeln eine Natrium-Ionen-Batterie, die ohne Lithium, Kobalt und Nickel auskommt und mithilfe der Holzfaser Lignin als Anode und ungiftigen Eisenverbindungen als Kathode funktioniert. Erste Demo-Zellen zeigen nach 100 Zyklen kaum Leistungseinbußen; bis Projektende ist eine 1-Amperestunden-Zelle mit 200 Zyklen geplant. Perspektivisch sind stationäre Speicher sowie mobile Anwendungen mit geringerem Leistungsbedarf denkbar, etwa in Microcars oder Gabelstaplern, hergestellt aus lokal verfügbarem Rohstoff aus der Holz- und Papierindustrie. Weiterlesen
Innovative Verfahren für Plastik- und Papierrecycling
Das Münchner Cleantech-Startup Radical Dot entwickelt ein Verfahren, das gemischte Kunststoffabfälle ohne aufwendige Sortierung in wertvolle Carbonsäuren umwandelt – und dabei Energie erzeugt statt verbraucht. Die Vision: eine skalierbare Technologie mit wettbewerbsfähigen Kosten gegenüber fossilen Grundstoffen. Ein Prototyp entsteht aktuell an der TU München. Langfristig will Radical Dot mit der neuen Technologie bis zu 20 Prozent des globalen Plastikabfalls verwerten und so mehr als 500 Millionen Tonnen CO₂ pro Jahr einsparen. Weiterlesen.
Gleichzeitig hat ein Forschungskonsortium in Dresden ein Trockenzerfaserungsverfahren entwickelt, um bislang kaum recycelbare Papierfraktionen wie Getränkepappbecher, Verpackungspapiere und Tapeten wieder in den Kreislauf zu bringen. Im Testbetrieb wurden bereits über 50 Tonnen Trockenfasern aus solchen Quellen aufbereitet und in Papiermaschinenversuchen erfolgreich eingesetzt. Gegenüber Nassprozessen spart die Trockenzerfaserung Energie und Wasser und senkt den CO₂-Fußabdruck deutlich. Weiterlesen
„Elektro-Sprit“ für Panzer & Jets: Rheinmetall treibt dezentrales E-Fuel-Netz an
Rheinmetall wird künftig verstärkt auf strombasierte synthetische Kraftstoffe setzen. Der Rüstungskonzern plant im Projekt „Giga PtX“ ein europaweites Netz hunderter kompakter Anlagen, die pro Standort 5.000–7.000 Tonnen E-Fuels pro Jahr erzeugen sollen – gedacht für Panzer, Transportfahrzeuge und perspektivisch auch für die Luftfahrt. Ziel ist eine krisenfeste Energieversorgung abseits fossiler Importe; die Initiative setzt zugleich industrielle Impulse für Elektrolyse-, CO₂- und Power-to-Liquid-Wertschöpfung in Deutschland. Weiterlesen
Rotorblätter aus Flachsfasern für Windanlagen
Forscher aus Kiel erproben aktuell naturfaserbasierte Rotorblätter für Windkraftanlagen aus Flachs, Balsaholz und Paulownia als Alternative zu glas- und kohlefaserverstärkten Kunststoffen. In den kommenden zwei Jahren entstehen Simulationen, Materialprüfungen und Windkanaltests nach DIN, Ziel ist ein funktionsfähiger Prototyp für Kleinwindanlagen mit einer Rotorfläche kleiner als 200 Quadratmeter. Weiterlesen
Veranstaltungen unserer Mitglieder:
Abschlusskonferenz „Allianz Biotenside“
Am 04. Februar lädt das Fraunhofer IGB nach Stuttgart: Im Fokus der Veranstaltung stehen biotechnologische Herstellungsverfahren aus heimischen Roh- und Reststoffen (u. a. Insektenfett) und die Skalierung von Biotensiden wie MEL, Cellobioselipiden und Surfactin. Das Programm spannt den Bogen von Fermentation und Aufarbeitung über Anwendungen in Wasch- und Reinigungsmitteln, Kosmetik, Agronomie und Schmierstoffen bis zu Technikbausteinen wie Automatisierung, Soft-Sensorik, Inline-Raman und Mikroreaktor-Extraktion sowie einer ganzheitlichen Nachhaltigkeitsbewertung. Weiterlesen
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