
Bioeconomy Newsletter November
Liebe Leser,
unsere Top-News in dieser Woche lässt aufhorchen: Noch nie ist die CO₂-Konzentration in der Atmosphäre innerhalb eines Jahres so stark gestiegen wie 2024. Ein beunruhigendes Signal, das verdeutlicht: Die bisherigen Bemühungen zur Emissionsminderung reichen nicht aus. Doch während die Zahlen alarmieren, zeigen zahlreiche Entwicklungen, dass der Umgang mit CO₂ längst eine neue Phase erreicht hat.
Wo früher vor allem über Reduktion gesprochen wurde, entstehen heute Technologien, die CO₂ nicht nur binden, sondern gezielt nutzen. Das Duisburger Start-up Factor2Energy etwa macht das Klimagas selbst zum Energieträger und gewinnt daraus saubere Geothermie – ein Beispiel dafür, wie Kreislaufdenken zur Triebkraft für Innovation wird. Auch in anderen Bereichen zeigt sich, dass Fortschritt möglich ist: synthetische Kraftstoffe, grüne Chemie und der weltweite Ausbau der Erneuerbaren gewinnen an Dynamik – wenn auch noch nicht im nötigen Tempo.
Der Rekordanstieg von CO₂ ist damit nicht nur Mahnung, sondern auch ein Katalysator. Er erinnert uns daran, dass Klimaschutz längst mehr ist als Verzicht: Er ist ein Feld technischer Kreativität, wirtschaftlicher Chancen und gesellschaftlicher Erneuerung.
In diesem Sinne: Viel Spaß beim Lesen wünscht
Ihr BioEconomy e.V.!
Top-News: WMO meldet Rekordanstieg von CO₂
Die Weltwetterorganisation (WMO) registriert für 2024 den stärksten jemals gemessenen Anstieg der atmosphärischen CO₂-Konzentration: plus 3,5 Parts per Million (ppm) auf nun rund 424 ppm. Auch Methan und Lachgas klettern auf neue Höchstwerte. Laut WMO verlieren natürliche Kohlenstoffsenken in Wäldern und Ozeanen zunehmend an Wirkung – ein gefährlicher Rückkopplungseffekt, der Extremwetter weiter verstärken könnte.
Für Politik und Industrie bedeutet das: Emissionen müssen schneller sinken, Senken gezielt gestärkt und Negativemissionstechnologien massiv ausgebaut werden. Hoffnung machen dabei neue Ansätze zur Abscheidung und Nutzung von CO₂ (CCUS) – von Direct Air Capture bis hin zu Verfahren, die CO₂ als Rohstoff in Chemie oder Energiegewinnung nutzbar machen. Weiterlesen
Aus unserem BioEconomy-Netzwerk:
Biomethan aus Rübenschnitzeln: Südzucker baut Bio-Energy-Hub
Im Chemie- und Industriepark Zeitz entsteht für rund 85 Millionen Euro eine Biogasanlage, die Rübenschnitzel der Zeitzer Zuckerfabrik zu Biomethan aufbereitet und damit schrittweise Kohle und Erdgas am Standort ersetzt. Das Vorhaben wird über die Klimaschutzverträge des Bundes kofinanziert; die Inbetriebnahme ist bereits im nächsten Jahr geplant. Neben der Versorgungssicherheit für die Produktion steigt der Anteil erneuerbarer Energien am Standort auf etwa 50 Prozent; die aufbereiteten Gärreste sollen als organischer Dünger in die Landwirtschaft zurückfließen. Weiterlesen
Gewandhaus Leipzig: Dach wird zum grünen Labor
Das Helmholtz Zentrum für Umweltforschung UFZ und Partner haben auf dem Gewandhaus in Leipzig ein 800 Quadratmeter großes Gründach als Forschungslabor in Betrieb genommen – mit rund 2.000 Pflanzen und 20 Kilo Saatgut. Ziel des Projekts sind ein besseres Mikroklima, Energieeinsparungen durch zusätzliche Dämmung und mehr städtische Biodiversität; faseroptische Sensorik im Substrat liefert Langzeitdaten zu Temperatur und Feuchte für ein klimawirksames Dachmanagement. Weiterlesen
E20-Benzin besteht Pilot-Test
Seit der Eröffnung der ersten öffentlichen E20-Zapfsäule in Mannheim im Oktober 2023 läuft der Testbetrieb der CropEnergies AG mit über 80 Fahrzeugen – rund 50 davon tanken regelmäßig. Nach etwa 35.000 Litern getanktem E20 habe es keinerlei Probleme im Alltag gegeben. Die Fahr-Eindrücke seien positiv, eine Infrastrukturumrüstung an der Tankstelle nicht nötig; die Mischung erfolgt wie bei E10, nur mit angepasstem Verhältnis im Tanklager. Bis Ende August 2025 seien an der Säule insgesamt 14.489,6 Kilo CO₂ gegenüber rein fossilem Benzin eingespart worden. Weiterlesen
29,7 Mio. € für Chemie- und Industriepark Zeitz
Sachsen-Anhalts Wirtschaftsminister Sven Schulze hat drei Förderbescheide über insgesamt 29,7 Millionen Euro an die Infra-Zeitz, den Betreiber des Chemieparks in Zeitz, übergeben: 16,4 Millionen Euro zur Ertüchtigung der Gleisinfrastruktur (für weniger Lkw-Verkehr und geringere CO₂-Emissionen), 11,2 Millionen Euro für die Erschließung neuer Erweiterungsareale sowie 2,1 Millionen Euro aus dem Bundesprogramm STARK für zusätzliche Personalkapazitäten zur Projektkoordination. Die Maßnahmen erhöhen Ansiedlungs- und Logistikkapazitäten und beschleunigen den Strukturwandel im Mitteldeutschen Revier. Weiterlesen
Aus der Welt der Bioökonomie:
Rekord-Ausbau Erneuerbarer – doch noch immer zu wenig
Laut Internationaler Agentur für Erneuerbare Energien (Irena) wurden 2024 weltweit rund 582 Gigawatt neue Öko-Kapazität installiert, ein Plus zum Vorjahr von 15 Prozent. Für das auf der COP28 vereinbarte Verdreifachungsziel bis 2030 (11,2 Terrawatt) bräuchte es jedoch noch deutlich mehr. Ein Hoffnungsschimmer: 2025 könnte der Zubau Erneuerbarer 700–750 Gigawatt erreichen. Irenas Fazit: Netze, Speicher und Produktion von Schlüsseltechnologien müssen massiv skaliert werden. Weiterlesen
Chemie-Nobelpreis: Neue Stoffklasse birgt Potential für klimafreundliche Industrie
Susumu Kitagawa, Richard Robson und Omar M. Yaghi sind für die Entwicklung metallorganischer Gerüstverbindungen, sogenannter MOFs, mit dem Nobelpreis für Chemie geehrt worden. Es handelt sich bei MOFs um eine neue Materialklasse – hochporöse Materialien mit präzise definierten Poren. Mögliche Anwendungen reichen von CO₂-Abscheidung und Wassergewinnung aus Luft bis zu Schadstofffiltern und Katalyse. Ein starkes Signal für klimarelevante Materialinnovationen – mit direktem Transferpotenzial in Chemie und Verfahrenstechnik. Weiterlesen
Saubere Energie aus gespeichertem CO₂
Das Duisburger Start-up Factor2Energy nutzt geologisch gespeichertes bzw. abgeschiedenes CO₂ als Arbeitsmedium für Geothermie. Das CO₂ nimmt Wärme aus dem umgebenden Gestein auf, wodurch seine Dichte abnimmt und eine auftriebsbedingte Zirkulation in Gang gesetzt wird. So sind zum Fördern der Wärme keine Pumpen notwendig. An der Oberfläche wandelt eine CO₂-Turbine die Wärme dann in Strom um. Das Ergebnis laut Unternehmen: eine bis zu doppelte Leistung gegenüber wasserbasierten Systemen bei niedrigeren Investitionskosten.
Siemens baut biobasierte Gehäuse aus altem Speiseöl
Siemens Smart Infrastructure bringt Koppelrelais auf den Markt, deren Kunststoffgehäuse zu 70 Prozent aus biobasiertem Material bestehen, das aus gebrauchtem Speiseöl hergestellt wird. Der Werkstoff mit dem Namen Akulon K225-KS B-MB erfüllt anspruchsvolle Anforderungen und zeigt hervorragendes Fließverhalten für dünnwandige Designs. Das Öl wird nach dem Frittieren von der Lebensmittelindustrie, Restaurants, Imbissbetrieben und Haushalten abgenommen, es entsteht daher keine Konkurrenzsituation mit der Lebensmittel- oder Futtermittelproduktion.
Chemical Invention Factory: Europas größte Laborinfrastruktur für Grüne Chemie
In Berlin entsteht bis 2027 die größte Laborinfrastruktur für Grüne Chemie in Europa. Die Chemical Invention Factory (CIF) wird eine offene Transferplattform, u. a. mit 39 Laborabzügen und rund 1.000 Quadratmetern für bis zu zwölf internationale Vorgründungsteams. Das Ziel des Projekts: nachhaltige Materialien und Verfahren schneller in marktfähige Anwendungen überführen. Die CIF wird mit 20 Millionen Euro gefördert. Weiterlesen
Veranstaltungen unserer Mitglieder:
Bioökonomie-Forum Sachsen 2025
Das Bioökonomie-Forum in Zwönitz lockt am 25. November mit Exkursionen zu regionalen Bioökonomie-Akteuren, Keynotes zu Wertschöpfung & Innovation sowie zahlreichen Praxisvorträgen (u. a. Recycling, Holz im Maschinenbau), Pitches und einer Ausstellung – kompakt an einem Tag. Ideal zum Vernetzen! Weiterlesen
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