Am 8. Juli 2025 hat die Europäische Kommission ihren Aktionsplan zur Stärkung der Chemieindustrie vorgestellt – mit klaren Zielen, um die kriselnde Branche wieder konkurrenzfähig zu machen.
- Resilienz & fairer Wettbewerb: Aufbau einer „Critical Chemical Alliance“, um zentrale Produktionsstandorte zu sichern und Handelsverzerrungen zu bekämpfen. Geplant ist außerdem eine „Critical Molecules Act“, inklusive Handelsschutz und Importüberwachung.
- Bezahlbare Energie & Dekarbonisierung: Umsetzung des „Affordable Energy Action Plan“, Ausweitung von Beihilfen, Förderung von CO₂-armem Wasserstoff, Biomasse, CCUS und chemischem Recycling.
- Innovation & Leitmärkte: Steuerliche Anreize, Marktregeln für saubere Chemie, Substitutionszentren, Bioökonomie-Strategie sowie Finanzierung über „Horizon Europe“ 2025–2027 zur Förderung biobasierter Innovationen.
- PFAS-Regulierung: Wissenschaftlich fundierte Restriktionen für PFAS mit gezielten Ausnahmeregeln für kritische Anwendungen und begleitender Innovationsförderung.
- Regulierungsvereinfachung: Das 6. Omnibus-Paket soll Bürokratie abbauen – z. B. bei Kennzeichnung, Kosmetik- und Düngemittelrecht – und Einsparungen von mindestens 363 Mio. € jährlich bringen.
Ein politischer Neustart?
Der Aktionsplan signalisiert einen politischen Neustart – aber Kritik bleibt laut: Branchenverbände warnen, er komme „zu spät“ und gehe nicht weit genug bei Energiepreisen und CO₂-Kosten. Laut der Nachrichtenagentur Reuters plant die Kommission unterstützende staatliche Maßnahmen – doch viele Standorte sind bereits verloren, wie etwa die Dow-Anlagen in Böhlen und Schkopau, die 2027 schließen werden.
Für die Bioökonomie ergeben sich drei zentrale Chancen:
- Strategische Rolle als Schlüsselressource: Der verstärkte Fokus auf Bioökonomie im Rahmen der Bioökonomie-Strategie und Kreislaufwirtschaft stärkt biobasierte Alternativen und schlägt Brücken zur Dekarbonisierung.
- Innovations- und Substitutionszentren schaffen gezielte Förderstrukturen, um nachhaltige Substitutionen fossiler Chemikalien zu beschleunigen – z. B. durch biobasierte Chemikalien oder Recyclingprozesse.
- Multi-Sektorale Resilienz: Solide Bioökonomie stärkt Umwelt, regionalen Wertschöpfungskreislauf und bietet resiliente Lieferketten, gerade wenn traditionelle Chemieanlagen schließen.
Warum die Bioökonomie gerade jetzt als zusätzlicher Wirtschaftszweig entscheidend ist
Die europäische Chemiebranche steckt in der Krise: Hohe Energie- und Rohstoffkosten, veraltete Infrastruktur, internationaler Wettbewerbsdruck – viele Anlagen wurden bereits geschlossen oder stehen auf der Kippe.
Hier kommt die Bioökonomie ins Spiel:
- Sie schafft neue Wertschöpfung, reduziert Importabhängigkeit und fördert regionale Versorgung.
- Innovative Technologien (z. B. biobasierte Materialien, biodegradable Chemikalien) passen perfekt zum Innovationsfokus im neuen Aktionsplan.
- Umwelt- und Regulierungsvorteil: Bioökonomische Verfahren profitieren von PFAS-Beschränkungen und Kreislaufwirtschaftsvorgaben, da sie sauberere Alternativen darstellen.
Fazit
Der neue EU‑Chemie‑Aktionsplan ist ein wichtiger Startpunkt – aber kein Selbstläufer. Er öffnet Türen für Bioökonomie und biobasierte Wertschöpfung, darf aber nicht als „Notnagel“ dienen.
Unsere Forderung an Politik & Wirtschaft: Jetzt konsequent investieren in Bioökonomie‑Start‑ups, Forschung & regionale Produktion. Bioökonomie ernsthaft als zweiten Wachstumspfad neben klassischer Chemie denken und mit politischem Rückenwind und Förderprogrammen unterfüttern.
Bioökonomie ist nicht nur Teil der Lösung – sie ist ein zukunftsweisender Hebel, um Europa resilienter, nachhaltiger und wirtschaftlich stärker aufzustellen.
