Nach fast 10 Jahren mühevollen, stetigen Ringens um die Entwicklung und Etablierung der holzbasierten BioÖkonomie in Mitteldeutschland sind Ende Januar dieses Jahres maßgebliche Weichen für die erfolgreiche Umsetzung dieses strategischen Vorhabens gestellt.

UPM, ein finnisches, weltweit führendes Unternehmen der Zellstoff- und Papierindustrie mit Fokus auf der Verarbeitung von nachwachsenden und biologisch abbaubaren Rohstoffe zur Fertigung von recyclingfähigen Alltagsgegenständen und Materialien, hat sich dazu entschieden, in den nächsten 2 Jahren im Chemiepark Leuna in eine Bioraffinerie zur Verarbeitung von Buchenholz mit einer Jahreskapazität von 220.000 t/a zu investieren: Investvolumen 550 Mio. €. UPM investiert damit in die nächste Generation von Biochemikalien und forciert somit den Wechsel weg von fossilen und hin zu nachhaltigen Lösungen.

Bereits 2012 wurde durch die Gründung des BioEconomy e.V. als Spitzencluster, eines vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Projektes über 5 Jahre, der Grundstein dafür in Mitteldeutschland gelegt, im Bereich Bioökonomie als Schlüsseltechnologie einer nachhaltigen Chemie aktiv zu werden. Das Land Sachsen-Anhalt beteiligt sich seither bis 2026 finanziell am Clustermanagement durch die Förderung als Innovationscluster in der Region.

Der Fokus lag von Anfang an auf der holzbasierten Bioökonomie, zumal in Mitteldeutschland die Holz- und Forstwirtschaft zusammen mit der chemischen Industrie wirtschaftlich eine entscheidende Rolle spielen. Die beabsichtigte Etablierung einer deutschland- und europaweiten Modellregion für Bioökonomie im Rahmen der Wirtschaftstransformation mit dem Ausstieg aus der Braunkohleindustrie stellt die logische Konsequenz dieser Entwicklungen im Sinne des Hebens der offensichtlichen Potentiale der o.g. Wirtschaftsbereich Holz und Chemie dar.

Dieses Potential wurde bereits im Rahmen verschiedener Projekte im Bioeconomy Cluster mit regionalen und internationalen Partnern aus Wirtschaft und Wissenschaft verdeutlicht. Dabei wurden Projekte bearbeitet, die auf die nachhaltige, optimierte Bereitstellung und Nutzung des Rohstoffes Holz, seines Aufschlusses sowie dessen Verarbeitung zu neuwertigen und innovativen Produkten orientierten.

Holz ist ein sehr umweltfreundlicher, nachwachsender Rohstoff, der selbst bei seiner energetischen Verwertung CO2-neutral ist. Viel wichtiger ist aber, dass die chemischen Bestandteile des Holzes wie Cellulosen, Hemicellulosen, Lignin und anderweitige Extrakte stofflich genutzt werden und damit einen ganz wichtigen Ersatz für erdölbasierte Produkte und Anwendungen ermöglichen.

Das Beispiel Lignin zeigt eindrucksvoll die Möglichkeiten, biobasierte Produkte aus dem Rohstoff Holz herzustellen und dabei erdölbasierte Problemprodukte zu ersetzen. Im Rahmen des BioEconomy Clusters wurden u.a. Verbundprojekte erfolgreich durchgeführt, die sich mit der Verarbeitung von Lignin beschäftigten. Im Projekt LignoSandwich wird das im Buchenholz enthaltene Lignin zu einem duroplastischen Klebstoff verarbeitet und zur Herstellung von stabilen, druckfesten und wärmeisolierenden Sandwich-Elementen für die Bauindustrie genutzt. Aber auch in der Kunststoffindustrie ist Lignin ein Rohstoff der Zukunft. Innerhalb eines Forschungsprojektes von Industrie und Wissenschaft konnte Lignin erfolgreich in ein thermoplastisches Material umgewandelt werden.
Am eindrucksvollsten jedoch konnte das Projekt KosLigcel das Potential von Holz im Bereich Bioökonomie darstellen. Innerhalb dieses Projektes ist es gelungen, Mikroplastik in kosmetischen Produkten wie Zahncremes und Körperpeelings durch nachwachsende Rohstoffe zu ersetzen. Dies bietet einen großen Vorteil für die Umwelt und die Gesundheit.

Innerhalb des BioEconomy Clusters kam es zu 6 Ausgründungen innovativer Firmen. Eines davon ist das Holzimpulszentrum (HIZ) in Rottleberode/Südharz – welches in seiner Gründung und Entwicklung stark die die Gemeinde Südharz unterstützt.

Das HIZ ist im Bereich der holzbasierten Bioökonomie das Herzstück für der Rohholzbereitstellung aus der Region und damit der kaskadierten Verarbeitung des Rohstoffes Holz in Richtung neuwertiger Produkte. Nach der erfolgreichen Erforschung wichtiger Stoffströme und Logistikkonzepte liegt der Schwerpunkt seit 2017 auf der Integration der Holzströme in chemische Verarbeitungsprozesse. Dabei berät und unterstützt das HIZ die regional ansässigen Waldbesitzer im Bereich Waldbau und Waldbetreuung als auch die ortsansässigen Unternehmen der Holzbe- und Verarbeitung. Darüber hinaus initiiert und koordiniert das HIZ regionale Forschungs- und Entwicklungsarbeiten, um den Technologietransfer in der Forstwirtschaft und holzverarbeitenden Industrie zu unterstützen und zu beschleunigen.

Ein wichtiger Schwerpunkt der Clusterstrategie besteht in der Unterstützung von Ausgründungen und der Ansiedlung kleiner und großer Industriepartner in Mitteldeutschland. Dabei arbeitet der BioEconomy Cluster intensiv mit den chemisch geprägten Industriestandorten Leuna, Bitterfeld-Wolfen und Zeitz sowie mit den Ländern und dem Bund zusammen.

Unter anderem ist es den Aktivitäten des Bioeconomy Clusters es zu verdanken, dass sich die Pilotanlage vom Fraunhofer CBP in Leuna in starkem Maße in der Region etablieren konnte. Die Einrichtungen des CBP´s inklusive aller vorhandenen Infrastruktur vor Ort bietet weltweit interessierten Partnern aus Wissenschaft und Industrie die Möglichkeit, in Leuna biotechnologische und chemische Prozesse zu entwickeln und diese im industriellen Maßstab zu skalieren. Dabei liegt ein Schwerpunkt der Arbeiten des CBP´s im Aufschluss von lignocellulosehaltigen Materialien. Als ein Beispiel für die Aktivitäten des Spitzenclusters in Mitteldeutschland ist die Ansiedlung des internationalen Unternehmens Global Bioenergies (GBE) zu nennen, welches sich aufgrund des BioEconomy Clusters für den Standort Leuna und seine intensive Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer CBP entschieden hat.

Diese primären Ansiedlungsaktivitäten, das Umfeld mit für die Bioökonomie relevanten Forschungs- und Entwicklungsinstituten und Chemieparks, welche durch das BioEconomy Cluster repräsentiert werden, waren sicher auch für die jüngste Ansiedlung des finnischen Unternehmens UPM mit einer Bioraffinerie in Leuna ausschlaggebend. Dies zeugt von einer erfolgreichen Umsetzung der Clusterstrategie und einer damit verbundenen Stärkung des Standortes Mitteldeutschland.

Es hat sich gezeigt, dass die Aktivitäten des BioEconomy e.V. in den letzten Jahren, so mühevoll und turbulent sie auch gewesen sein mögen, letztlich erfolgreich waren und sind. Die beabsichtigte Ansiedlung von UPM in Leuna bringt einen wichtigen, enormen Schub in die beabsichtigte wirtschaftliche Ausrichtung zur Umsetzung der holzbasierten BioÖkonomie in Mitteldeutschland.

Nicht zuletzt im Ergebnis dieser Entscheidung ist der BioEconomy e.V. mit weiteren großen, weltweit tätigen Unternehmen in Kontakt gekommen, um deren Interesse zu eigenen Wirtschaftsaktivitäten in Mitteldeutschland zu verifizieren, deren Ansiedlungsgedanken weiterzuentwickeln und zu unterstützen.

Insofern ist vorsichtiger Optimismus angebracht, nicht zuletzt durch die Anstrengungen des BioEconomy e.V., Mitteldeutschland wirklich zu einer Modellregion der industriellen BioÖkonomie zu entwickeln!